Sebastian Hülk | Leon Pawlak

Herr Hülk, Sie spielen Leon Pawlak im neuen "Masuren-Krimi". Was ist er für ein Typ?
Leon Pawlak ist ein zuversichtlicher, gelassener Typ, der das Leben so nimmt wie es kommt. Er ist spontan und ehrlich. Er hat Humor und liebt gute Gesellschaft, genießt aber auch die Stille und Abgeschiedenheit der masurischen Natur. Sein größtes Glück ist seine Tochter Emilia. Für sie würde er alles tun. Sie soll, anders als er damals, eine glückliche und behütete Kindheit erleben. Dies ist auch der Grund, warum er manch böses Wort herunterschluckt, das ihm auf der Zunge liegt, wenn er wieder mal mit seiner Ex-Frau Zofia aneinandergerät. Er hasst Ungerechtigkeit und Missgunst und steht im Privaten wie in seinem Beruf für Gerechtigkeit und ein faires Miteinander. Er mag seinen Job als Dorfpolizist, fernab der Großstadt mit zu viel Verkehr und Lärm und zu hoher Kriminalität. Weil aber auch in Masuren nicht immer alles nach Gesetz und Ordnung verläuft, ist es gut für ihn zu wissen, dass er sich stets auf seinen kriminalistischen Instinkt verlassen kann. Er kann sich durchsetzen und steht für seine Ansichten bedingungslos ein.
Was hat Sie daran gereizt, die Figur des Leon zu spielen? Was ist aus Ihrer Sicht sein prägnantester Charakterzug, was sind seine Stärken und Schwächen?
Leon ist sehr vielschichtig. Er ist Familienvater und Polizist. Er braucht seine Freunde und ist genauso gern allein. Er besitzt eine große Leichtigkeit, aber auch die emotionale Tiefe um auf die Schwächen und Probleme anderer einzugehen. Manchmal ist er zu direkt und besitzt einen ausgeprägten Dickkopf, der ihn teils behindert und teils weiterbringt. Er selbst würde das Scheitern seiner Ehe als eine seiner größten Schwächen bezeichnen. Oft denkt er darüber nach, was alles falsch gelaufen ist, warum seine Beziehung zu Zofia zerbrochen ist.
Was zeichnet Leon als Privatperson aus, was als Polizisten?
Leons Stärken als Privatperson sind auch seine Stärken als Polizist. Er besitzt ein hohes Maß an Empathie und Menschenkenntnis. Er kann den Leuten zuhören und weiß, wie er ihnen helfen kann. Er vorverurteilt niemanden und gibt jedem die Chance sich zu ändern. Das hat ihn seine eigene Geschichte gelehrt. Jeder hat das Recht auf einen Neuanfang. Er gibt den Glauben an das Gute im Menschen niemals auf. Dennoch ist er nicht naiv oder einfältig. Er weiß aus seiner langjährigen Erfahrung als Polizist, dass das Böse eine starke treibende Kraft ist und die Abgründe in den Seelen der Menschen tiefer sind als die tiefsten Stellen der masurischen Seen.
Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?
Zunächst einmal lese ich immer wieder die Bücher und lasse die Situationen und die Figuren auf mich wirken. Ich überlege mir, was sind die Ziele und Wünsche meiner Figur? Was will ich? Im Allgemeinen und im Speziellen. Dann schaue ich, was die Figur dafür einsetzt, dies zu erreichen. Welche Mittel sie aufbringt, um erfolgreich zu sein. Unabhängig davon, ob sie am Ende wirklich gewinnt und bekommt. Was stellt sich der Figur in den Weg? Was hindert sie ihre Ziele zu erreichen? Ich schaue nach den Abgründen der Figur. Nach den Unwägbarkeiten. Wie bewegt sie sich? Wie redet sie? Und Stück für Stück setzt sich ein lebendiger echter Mensch zusammen. Ein Mensch der ganz viel mit mir zu tun hat und dabei völlig anders ist, als ich.
Als Leon das erste Mal bei Viktoria an der Tür klopft, ist er ziemlich überrascht. Wie steht Leon zu Viktoria? Wie entwickelt sich ihr Verhältnis?
Viktoria fasziniert Leon vom ersten Augenblick an. Ihre direkte Art, ihr Äußeres, ihr ganzes Wesen ziehen ihn von Anfang an in ihren Bann. Der Tanz dieser beiden Figuren miteinander ist ein zentrales Thema beider Filme und es macht eine große Freude das Verhältnis von Viktoria und Leon mit meiner Kollegin Claudia Eisinger zu entwickeln und zum Leben zu erwecken.
Und wie steht Leon zu seiner Ex-Frau Zofia? Kann er Berufliches und Privates trennen?
Das Verhältnis zu seiner Ex-Frau Zofia ist sehr ambivalent und nicht immer ganz einfach. Die beiden kennen sich schon ewig und sie kennen sich sehr gut. Sie wissen was den anderen triggert und zur Weißglut bringt. Und immer noch ist da ein Rest an Vertrautheit und vielleicht sogar ein bisschen mehr. Aber ihre Beziehung ist gescheitert. Die Lebensziele und Grundbedürfnisse sind zu unterschiedlich geworden. Leon will für seine Tochter da sein und es gut und entspannt haben. Zofia zieht es nach wie vor in die raue Wirklichkeit der Großstadt Olsztyn. Sie will weiterkommen in ihrer Arbeit und Karriere machen. Leon und Zofia brauchen einander. Privat und im Beruf. Und das wissen sie. Beide. Also arrangieren sie sich.
Zofia und Leon haben zusammen eine kleine Tochter, Emilia. Wer kümmert sich um das Mädchen? Wie lassen sich Karriere und Kindererziehung unter einen Hut bringen?
Leon hat seine Karriere zugunsten seiner Tochter an den Nagel gehängt. Nach der Scheidung von seiner Frau Zofia ist er mit Emilia nach Pasym gezogen und hat sich vom Kriminalkommissar zum einfachen Polizisten zurückstufen lassen, um voll und ganz für sein Kind da zu sein.
Sie sind in internationalen Film- und Kinoproduktionen genauso Zuhause wie in heimischen. Wie haben Sie die Dreharbeiten mit dem internationalen Team in Polen erlebt?
Die Arbeit mit dem polnischen Team war fantastisch. Alle dort leisten Großartiges, sind hochprofessionell und mit Begeisterung bei der Sache. Vor allem das Zusammentreffen mit den polnischen Schauspieler*innen war eine Bereicherung für mich und meine Arbeit. Die meisten von ihnen waren auf der renommierten Schauspielschule in Lodz. Ich freue mich darauf, diese neu gewonnenen Kolleg*innen und Freund*innen schon bald wieder zu treffen – und die Zuschauer*innen können sich darauf freuen, sie bald im deutschen Fernsehen zu sehen.
Haben Sie eine Lieblingsszene in den beiden Filmen?
Da möchte ich gar nicht zu viel verraten und am Ende noch spoilern. Und eigentlich liebe ich jede Szene in beiden Filmen. Regisseur Anno Saul, sein kongenialer Kameramann Martin Ludwig, der Beleuchter Nils Künstler, die wunderbaren Schauspieler*innen und alle anderen Gewerke machen beide Filme zu etwas ganz Besonderen.
Wie würden Sie Masuren beschreiben? Gab es für Sie DEN Masuren-Moment?
Tiefe geheimnisvolle Ur-Wälder, wunderschöne Seen und liebenswerte Menschen sind es, was Masuren ausmacht. Dies zu erleben und an diesen traumhaften Orten zu drehen, war sehr beeindruckend und bleibt mir nachhaltig in lebendiger Erinnerung
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