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"Luanas Schwur"

Filmepos über eine uralte albanische Tradition

PlayRina Krasniqi als Luana/Jack
"Luanas Schwur" - Filmepos über eine uralte albanische Tradition | Video verfügbar bis 29.01.2024 | Bild: Elsani & Neary Media GmbH / Roland Guido Marx

"Luanas Schwur" erzählt eine außergewöhnliche Geschichte über Geschlechteridentität im Albanien der 1950er und 60er Jahre. Eine arrangierte Ehe zwingt die junge Luana dazu, ihre große Liebe für einen ihr von der Familie zugedachten Mann zu opfern. So verlangen es die archaischen Regeln, denen sie sich nicht widersetzen will. Doch es gibt einen Weg, wie sie in der streng patriarchalen Welt selbst über ihr Schicksal entscheiden kann. Der mehrfach ausgezeichnete Film von Bujar Alimani kommt am 9. Februar ins Kino. ttt hat mit der Hauptdarstellerin Rina Krasniqi, der Filmproduzentin Anita Elsani und der Drehbuchautorin Katja Kittendorf gesprochen.

Der Weg in die Tragödie

Agim und Luana
Agim und Luana | Bild: Elsani & Neary Media GmbH / Roland Guido Marx

Luana und Agim kennen sich seit ihrer Kindheit. Agim ist der Sohn kommunistischer Verräter, die aufs Land in das Dorf von Luanas Familie verbannt wurden. Die beiden sind zusammen aufgewachsen. Als aus der Freundschaft Liebe wird, stoßen sie auf den Widerstand von Luanas Vater Gjon. Luana ist schon seit langem Flamur Fiku zur Ehe versprochen. Nachdem Gjon von den heimlichen Treffen seiner Tochter mit Agim erfahren hat, drängt er auf ihre sofortige Heirat mit Flamur.

Agim versucht Luana zu überreden, mit ihm nach Deutschland zu fliehen. Doch Luana kennt und respektiert die Tradition. Für sie ist es völlig undenkbar, ihren im Dorf hochangesehenen Vater bloßzustellen. Außerdem fürchtet sie um Agims Leben und unterwirft sich dem archaischen Gewohnheitsrecht "Kanun", das den Frauen enge Grenzen setzt. "Der Kanun ist ein Buch oder die Verfassung moralischer Verhaltensregeln, die das Leben dieser Menschen bestimmen", sagt Rina Krasniqi. "Das gegebene Wort, der Schwur ist dabei der höchste moralische Wert, nach dem die Menschen dort leben."

Doch schon bald muss Luana erkennen, dass ihr Opfer vergebens war. Gjon wird Zeuge, wie Flamur seine Tochter noch vor der Hochzeit bedrängt, und löst die Verlobung auf. Es kommt zu einem Streit, bei dem Flamur Gjon tötet. Für Luana steht fest: Den Mörder ihres Vaters wird sie niemals heiraten. Sie greift auf einen alten Brauch zurück und schwört, in Zukunft als Mann zu leben und ihren Vater zu rächen.

Rollenwechsel

Anita Elsani, Katja Kittendorf und Rina Krasniqi (v.l.)
Anita Elsani, Katja Kittendorf und Rina Krasniqi (v.l.) | Bild: WDR

Die alte albanische Tradition der "Schwurjungfrau"- auf Albanisch Burrnesha - ist für eine Frau die einzige Möglichkeit, selbstbestimmt zu leben. Sie legt einen Eid ab und schlüpft in die Rolle eines Mannes. Dafür braucht es keine Geschlechtsumwandlung. Von nun an trägt sie Männerkleidung, übernimmt die Aufgaben eines Mannes und wird respektiert wie ein Mann. Allerdings muss sie auf Ehe und Kinder verzichten. "Burrnesha bedeutet ja nichts anderes, als einen Schwur auf die eigene Jungfräulichkeit zu leisten, dass man von nun an als Mann leben will", erläutert Drehbuchautorin Katja Kittendorf. "Das heißt, man gibt seine Sexualität ab und gewinnt dafür die Freiheit, leben zu dürfen wie ein Mann."

Für Filmproduzentin Anita Elsani war "Luanas Schwur" ein Herzensprojekt: "Mein Opa kam aus Nord-Albanien, meine Eltern aus dem Kosovo. Ich bin in Köln geboren. Und dadurch war dieser Film eigentlich ein ganz gutes Werkzeug, um mich über das Geschichtenerzählen dieser Kultur wieder zu nähern."

In den Bergen Nord-Albaniens gibt es die Tradition der "Schwurjungfrauen" vereinzelt noch heute. Auf ihrer Recherchereise sind die Filmemacherinnen auch einigen Burrneshas begegnet, die dort leben. "Man denkt ja, das ist so ein Land mit einem rückständigen Verständnis von Gender", sagt Anita Elsani. "In diesem Fall empfand ich das als sehr fortschrittlich, weil wir ja oft auch in Deutschland oder in westlichen Ländern grundsätzlich immer noch kämpfen um die Anerkennung, wenn jemand sein Geschlecht einfach ändert, egal aus welcher Motivation heraus."

Autorin des TV-Beitrags: Uta Angenvoort

Die komplette Sendung steht am 29. Januar ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.

Stand: 29.01.2023 17:42 Uhr

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Produktion

Westdeutscher Rundfunk
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