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Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Serhij Zhadan

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Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Serhij Zhadan | Video verfügbar bis 23.10.2023 | Bild: picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht in diesem Jahr an den ukrainischen Autor und Musiker Serhij Zhadan. Der 48-Jährige setzt sich in seinen Romanen mit einer Welt der Umbrüche auseinander und thematisiert dabei auch immer wieder den Krieg, der seit 2014 in der Ost-Ukraine wütet. "Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton erkundet Serhij Zhadan, wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen", schreibt der Stiftungsrat in der Jury-Begründung. Dabei lege Zhadan einen besonderen Fokus auf "die sogenannten Underdogs, die Unscheinbaren in ihrer Unterschiedlichkeit und ihrer Individualität."

Darüber hinaus betonte die Jury auch den humanitären Einsatz des Künstlers – nicht nur in dessen gewählter Heimatstadt Charkiw. So hat Serhij Zhadan eine Stiftung ins Leben gerufen, um Bildungs- und Kulturinitiativen in den besetzten und aktuell umkämpften Regionen Donezk und Luhansk zu fördern. In einem weiteren Projekt setzt er sich dafür ein, dass Bibliotheken in diesen Regionen mit Büchern versorgt werden. Außerdem begleitet er humanitäre Hilfsgütertransporte in die Ost-Ukraine und reist gemeinsam mit seiner Rockband "Sobaki v kosmosi" ("Hunde im Weltraum"), in der er als Sänger auftritt, durch die ukrainischen Kriegsregionen. Nach dem russischen Angriffskrieg im März 2022 gab er auch Konzerte in Metrostationen von Charkiw und verteilte Hilfsgüter in der Stadt. Literarisch setzt sich Serhij Zhadan mit den Nöten und Hoffnungen der einfachen Bevölkerung in seiner Heimatregion auseinander. Waren es zu Beginn noch Schilderungen, wie die Menschen in der postsowjetischen Zeit mit den Veränderungen in der Ukraine umgingen – so etwa im Romandebüt "Depeche Mode" oder in der Road-Novel "Die Erfindung des Jazz im Donbass" – spielt seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 auch der Krieg eine zunehmende Rolle.

Serhij Zhadan erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Im jüngsten Werk "Internat", das 2018 auf Deutsch erschien, reist ein Lehrer durch die Donezk-Region und gerät auf der Suche nach seinem Neffen immer wieder zwischen die Kriegs-Fronten. Serhij Zhadan wurde am 23. August 1974 in Starobilsk geboren, unweit der Stadt Luhansk in der damaligen Sowjetrepublik Ukraine. Er promovierte in Charkiw mit einer Arbeit zum ukrainischen Futurismus und stieg schnell zu den wichtigsten literarischen Stimmen der Ukraine auf. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der Freiheitspreis der Frank-Schirrmacher-Stiftung und der Preis der Leipziger Buchmesse. Außerdem übersetzt er Gedichte aus dem Englischen, Deutschen, Russischen und Belarussischen. In Artikeln, die nach dem russischen Angriffskrieg 2022 erschienen und in mehrere Sprachen übersetzt worden sind, gibt er Aufschluss darüber, wie die Menschen trotz Krieg und Bedrohung ihren Alltag zu meistern versuchen.

Die Laudatio auf den Preisträger hält Sascha Marianna Salzmann, Dramatiker*in und Hausautor*in am Maxim-Gorki-Theater in Berlin. Salzmann bezieht sich in eigenen Schriften immer wieder auf Serhij Zhadan. Seit 1950 verleiht der Börsenverein des Deutschen Buchhandels den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Er ist mit 25.000 € dotiert. Mit den von ihm und den Preisträgern ausgelösten Debatten und Diskussionen zählt er zu den wichtigsten Kulturpreisen des Landes.

Diese Sendung ist nach der Ausstrahlung ein Jahr lang in der ARD Mediathek verfügbar.

Sendetermin

So., 23.10.22 | 10:45 Uhr
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Hessischer Rundfunk
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